Indonesien: Wer Rohstoffe will, muss investieren

Um die Abhängigkeit von China oder Russland bei Rohstoffen zu verringern, schaut sich Deutschland nach anderen Lieferanten um. Allerdings will nicht mehr jedes rohstoffreiche Land liefern. Lange haben die Industrieländer davon profitiert, im Ausland günstig Rohstoffe einzukaufen, sie zu veredeln und daraus hochwertige Produkte zu produzieren, um sie dann im Zweifel teuer zu exportieren.

Aber nicht nur China ist seit längerem aufgewacht. Statt einfach nur Werkbank der Welt zu sein, entwickelt sich das Land zur Produktionsstätte von höherwertigen Gütern. Andere Länder ziehen nach – so auch Indonesien.

Auch wenn die Wirtschaft dort in den letzten 20 Jahren ständig gewachsen ist, blieb  das Schwellenland strukturell weitgehend auf niedrigem Niveau. Einer der Gründe: “Im Export-Bereich ist Indonesien in der Vergangenheit sehr stark rohstoffdominiert gewesen”, sagt Jan Rönnfeld, Leiter der deutschen Auslandshandelskammer (AHK) in Indonesien. Vor allem mit Palmöl, Kohle, Zinn, Nickelerz, Bauxit und Kupfer ist das Land gesegnet. Bei Kraftwerkskohle, Palmöl und veredeltem Zinn ist Indonesien der weltgrößte Exporteur.

Kohlefrachter stehen auf dem Fluss Mahakam bei Samarinda Schlange

Indonesien ist weltgrößter Exporteur von Kraftwerkskohle. Kohlefrachter stehen Schlange bei Samarinda, Indonesien

Wer Rohstoffe will, muss investieren

Nun möchte Indonesiens Präsident Joko Widodo nicht länger nur Rohstoffe liefern. Sein Ziel: Bis 2045 soll Indonesien zu einem Industrieland werden. Dafür hat er schon 2014 den Export von mineralischen Erzen verboten, sagt Frank Malerius, der für die Germany Trade & Invest (GTAI) in Jarkarta sitzt. So sollte erzwungen werden, dass mehr Weiterverarbeitung im Land stattfindet, durch heimische Schmelzanlagen oder Ausländer, die investieren. Aber dieses Verbot sei sehr löchrig gewesen, sagt Malerius.

Daher verschärft die Regierung die Auflagen für Rohstoffexporte. Bereits seit Anfang 2020 gilt, wer Nickel haben möchte, investieren und den Rohstoff vor Ort weiterverarbeiten muss. Umgehen lässt sich Indonesien nicht so leicht, da es über die weltgrößten Reserven von Nickel verfügt und Nickel wird dringend benötigt – zur Veredelung von Stahl, aber auch in E-Auto-Batterien.

Um potentiellen Investoren den Weg zu ebnen, hat Indonesien im Frühjahr 2021 zudem das Investitionsrecht und das Arbeitsrecht liberalisiert und so hunderte Wirtschaftssektoren für ausländische Eigentümerschaften geöffnet.

Die Rechnung geht auf – Abhängigkeit von China bleibt erst einmal

“Und dann ist genau das passiert, was sich die Regierung erhofft hat”, sagt Frank Malerius. “Ausländische Unternehmen sind ins Land gekommen. Insgesamt konnten in den ersten sechs Monaten 2022 knapp 21,6 Milliarden US-Dollar an ausländischen Direktinvestitionen eingeworben werden, hieß es aus dem Investitionsministeriums BKPM. Das waren fast 40 Prozent mehr als im Vorjahreszeitraum.

“Vor allen Dingen chinesische Unternehmen haben hier Schmelzanlagen und Stahlwerke gebaut”, erzählt Malerius. So sei Indonesien in den vergangenen drei, vier Jahren zu einem der größten Stahlexporteure geworden – hauptsächlich Edelstahl. Noch vor fünf, sechs Jahren hätte Indonesien nahezu keinen Stahl exportiert, und in diesem Jahr könnte es zu Exporten im Wert von rund 20 Milliarden Dollar kommen, schätzt Malerius.

Ein Arbeiter, der während des Schmelzens von Nickel in einem indonesischen Bergbauunternehmen einen Hochofen bedient

Indonesien ist vom Nickelexporteur zum Stahlexporteur geworden

Auch Volkswagen, Ford und Tesla würden gerne in Indonesien aktiv werden, um an das begehrte Nickel zu kommen. “Für die wird es aber schwierig werden, Lieferketten zu finden, in denen nicht schon die Chinesen in irgendeiner Weise beteiligt sind”, so Malerius. Das sei wohl nur in Kooperation mit chinesischen Unternehmen möglich. Gut für Indonesien – was Europa angeht, bleibt aber die Abhängigkeit von China.

Europäische Unternehmen bewegen sich

Europa haben die Exportverbote natürlich weniger geschmeckt. Da sie nicht mit den Regeln des freien Welthandels zusammenpassen, hatte die EU wegen des Nickel-Exportverbots vor der Welthandelsorganisation (WTO) Beschwerde eingelegt. Im November 2022 bekam sie damit auch Recht, aber Indonesien legte Berufung ein und legte noch eins drauf. Auf dem letzten G-20 Gipfel auf Bali verkündete das Land, über die Bildung eines Kartells mit anderen Ländern für Batterierohstoffe wie Nickel nachzudenken – ähnlich dem der Ölförderländer, der OPEC.

Um sich den Zugang zum Nickel zu sichern, haben im Januar dieses Jahres der deutsche Chemie-Konzern BASF und das französische Bergbauunternehmen Eramet verkündet, in Indonesien eine Nickel-Kobalt-Anlage für den E-Automarkt aufzubauen. Dabei geht es um eine Investition von rund 2,4 Milliarden Euro. Die Einigung stehe kurz vor dem Abschluss. Eine Investorenpräsentation von Eramet zeigte zuletzt, dass die geplante neue Anlage voraussichtlich Anfang 2026 die Produktion aufnehmen wird.

Auch Bauxit darf nicht mehr exportiert werden  

Nicht nur beim Nickel schiebt Widodo den Riegel vor. Er möchte auch die Weiterverarbeitung von Bauxit, Kupfer und Zinn ins Land holen. So ist ab Juni dieses Jahres der Export von unverarbeitetem Bauxit verboten. Indonesien gehört zu den wichtigsten Exporteuren des Erzes, das für die Herstellung von Aluminium benutzt wird und daher wichtig ist im Flugzeugbau und in der Auto-Produktion. 

Rohzinn darf ab 2024 nicht mehr exportiert werden. Derzeit ist Indonesien der zweitgrößte Produzent von Zinn. Weltweit kommen außerdem rund 60 Prozent des Palmöls aus Indonesien, aber auch hier hat das Land die Exporte gestoppt.

Luftaufnahme an der Südküste der Insel Bangka in Indonesien: Schwimmende hölzerne Pontons, von denen aus der Meeresboden zum Abbau des Zinnerzvorkommen ausgebaggert wird

Hölzerne Pontons, von denen aus der Meeresboden zum Abbau des Zinnerzvorkommen ausgebaggert wird

Künftig möchte die indonesische Regierung außerdem eine heimische Seltene-Erden-Industrie aufbauen. Die Vorkommen der kritischen Rohstoffe sollen kartiert und ein Konzept für ihre Nutzung erstellt werden, berichtet Antara News, die Nachrichtenagentur der Regierung. Noch importiere Indonesien Seltene Erden, um den Bedarf seiner grünen Technologiebranche zu decken. 

Viel Potential für deutsche Unternehmen

“Auch wenn Indonesien weit weg ist – Potential für deutsche Unternehmen gibt es in vielen Bereichen”, sagt Jan Rönnfeld von der AHK, – allein durch die Größe des Landes. “Mit knapp 300 Millionen Einwohnern gibt es eigentlich auch in jedem Bereich Potenzial.” Rund 100 Millionen Menschen gehören zur Mittelschicht. Indonesien ist gemessen an der Bevölkerung das viertgrößte Land weltweit. Davon könnte der Maschinen- und Anlagenbau oder die Medizintechnik ebenso profitieren, wie die verarbeitende Industrie, die in Indonesien relativ unterdurchschnittlich gewachsen ist in den letzten zwei Jahrzehnten, so Rönnfeld.

Bisher haben vor allem Chinesen, Japaner und Südkoreaner in Indonesien investiert. Deutschland hat eher Technologien geliefert, als zu investieren. Das könnte sich ändern. “Es wird sicher mehr Investitionen von Seiten Europas geben”, glaubt Rönnfeld. “Auch wenn Indonesien kein einfacher Markt ist.” So sei schon der Markteintritt – trotz der Lockerungen – relativ schwierig. “Aber normalerweise geht es ja um ein Verhältnis zwischen Risiko und Ertrag bei unternehmerischen Entscheidungen. Und da bietet Indonesien die Chance auf relativ hohe Erträge, weil es in vielen Bereichen wenig Konkurrenz gibt. In einigen Sektoren werden 90 Prozent der Produkte importiert.”