In diesem Jahr ist Kaiserin Elisabeth von Österreich allgegenwärtig. Geboren vor 185 Jahren am 24.12.1837 herrschte sie an der Seite Franz Josephs über Österreich-Ungarn. Berühmt wurde sie durch ihre Schönheit, galt sogar als attraktivste Frau Europas. Kein Wunder, dass Kaiser Franz Joseph die bayerische Prinzessin heiraten wollte. Eine Liebeshochzeit, da sind sich Historikerinnen und Historiker weitgehend einig, war damals sehr ungewöhnlich.
Über diese königliche Leidenschaft entstanden in den 1950er-Jahren mehrere Filme mit Romy Schneider als „Sissi“ , die noch heute in Hunderttausenden deutschen Haushalten zum weihnachtlichen Pflichtprogramm gehört.
-
Zum 40. Todestag von Romy Schneider: Ihre schönsten Filme
„Sissi“ machte sie zum Star
16 Jahre alt war Romy Schneider, als sie Regisseur Ernst Marischka für seinen Film „Sissi“ verpflichtete. Es war nicht ihr erster Auftritt vor Filmkameras, aber der entscheidende, denn danach war sie ein Star. Der unglaubliche Erfolg zog einige Fortsetzungen nach sich, für Romy wurde die Popularität aber schnell zum Fluch. In Deutschland und Österreich wollte man sie nur noch als „Sissi“ sehen.
-
Zum 40. Todestag von Romy Schneider: Ihre schönsten Filme
Leichte Unterhaltung in „Scampolo“
Ende der 1950er-Jahre beherrschten Heimatfilme und leichte Unterhaltung die deutsche Kinoszene. „Sissi“ war eine der Säulen des populären deutschen Kinos jener Zeit. Auch mit ihren nächsten Filmen bewegte sich Romy Schneider in diesem Umfeld. „Scampolo“ gehörte noch zu den besseren Filmen der Schneider in diesen Jahren. Dort spielte sie ein Waisenmädchen an der Seite von Paul Hubschmid auf Ischia.
-
Zum 40. Todestag von Romy Schneider: Ihre schönsten Filme
Mit „Der Prozeß“ auf internationaler Bühne
International wurden aber damals schon zahlreiche renommierte Regisseure des Weltkinos auf die gebürtige Österreicherin aufmerksam. Das amerikanische Kinogenie Orson Welles verpflichtete die junge Mimin 1962 für seine Kafka-Verfilmung „Der Prozeß“. An der Seite von Jeanne Moreau, Anthony Perkins und Welles selbst brillierte Romy Schneider in der Rolle der jungen Leni.
-
Zum 40. Todestag von Romy Schneider: Ihre schönsten Filme
Kultfilm „Der Swimmingpool“
Ende der 1960er-Jahre, Romy Schneider hatte schon einige Filme in Frankreich gedreht, wurde ihr Auftritt an der Seite ihres damaligen Freundes und Filmpartners Alain Delon in „Der Swimmingpool“ zum Kassenerfolg. Das elegante, vor allem auf schöne Bilder setzende Melodrama brachte Romy Schneider Schlagzeilen – besonders in der Boulevardpresse.
-
Zum 40. Todestag von Romy Schneider: Ihre schönsten Filme
Lieblingsregisseur Claude Sautet
„Die Dinge des Lebens“ von Regisseur Claude Sautet wurde für Romy Schneider 1970 dann zu einem besonderen Werk in ihrer Karriere. Mit Sautet hatte sie „ihren“ Regisseur gefunden. Bei Sautet konnte sie – an der Seite von Filmpartnern wie Michel Piccoli – zeigen, was in ihr steckte. Sie streifte ihr „Sissi“-Image endgültig ab und wurde als Charakterschauspielerin wahrgenommen.
-
Zum 40. Todestag von Romy Schneider: Ihre schönsten Filme
Noch einmal Kaiserin Elisabeth
1972 sollte Romy Schneider noch einmal als Kaiserin Elisabeth zu sehen sein, allerdings in einem Film von ganz anderem künstlerischen Kaliber. Der große italienische Regisseur Luchino Visconti setzte die inzwischen anerkannte Schauspielerin in seinem grandiosen vierstündigen Film „Ludwig II.“ ein. An der Seite von Helmut Berger in der Titelrolle strahlte Romy Schneider Schönheit und Grandezza aus.
-
Zum 40. Todestag von Romy Schneider: Ihre schönsten Filme
Skandalerfolg I: „Trio Infernal“
Doch Romy Schneider kämpfte Mitte der 1970er-Jahre immer noch gegen in Deutschland gepflegte Vorurteile an, die die Boulevardpresse genüsslich ausbreitete. Der Schauspielerin wurde übel genommen, dass sie nicht mehr „Sissi“ sein wollte und zudem lieber in Frankreich drehte. Skandalerfolge wie „Trio Infernal“ (1974) sorgten dafür, dass sie hierzulande nicht unbedingt beliebter wurde.
-
Zum 40. Todestag von Romy Schneider: Ihre schönsten Filme
Skandalerfolg II: „Nachtblende“
Direkt nach „Trio Infernal“ drehte Romy Schneider „Nachtblende“, in dem sie eine erfolglose Schauspielerin spielt, die Softpornos macht, um Geld zu verdienen. Besonders in diesen beiden Filmen testete Romy Schneider Grenzen aus, zeigte viel nackte Haut und legte exzessive Auftritte hin. In Frankreich wurde sie dafür mit Preisen ausgezeichnet, in Deutschland war das Publikum noch nicht so weit.
-
Zum 40. Todestag von Romy Schneider: Ihre schönsten Filme
Missglückte Rückkehr ins deutsche Kino
Romy Schneiders Versuche, auch in Deutschland wieder Fuß zu fassen, scheiterten. Das lag nicht an ihrem schauspielerischen Können. Die Heinrich-Böll-Verfilmung „Gruppenbild mit Dame“ ging im Kino unter und war künstlerisch auch nicht vollkommen gelungen. Die Regisseure des „Neuen Deutschen Films“ konnten mit dem „deutschen“ Star aus dem Nachbarland Frankreich wenig anfangen.
-
Zum 40. Todestag von Romy Schneider: Ihre schönsten Filme
Abschied: „Spaziergängerin von Sans-Souci“
Ihre letzten Lebensjahre waren von wechselnden Partnerschaften gekennzeichnet und wurden vom tragischen Unfalltod ihres Sohnes überschattet. Die Spuren dieses privaten Leids konnte man ihren letzten Auftritten ansehen. „Die Spaziergängerin von Sans-Souci“, der 1982 in die Kinos kam, war ihr letzter Film. Die deutsche Premiere im Herbst 1982 erlebte sie nicht mehr. Sie starb ein paar Monate vorher.
-
Zum 40. Todestag von Romy Schneider: Ihre schönsten Filme
Neue Romy-Schneider-Doku: „Femme libre“
Auch 40 Jahre nach ihrem Tod ist das Interesse an Romy Schneider ungebrochen. Mit ihrer neuen Doku „Romy, femme libre“, die gerade in Cannes Premiere feierte, widersprechen Lucie Cariès und Clémentine Deroudille jedoch dem oft gezeigten Bild von Romy Schneider als zerbrechlichem Weltstar und Opfer ihres Schicksals. Stattdessen zeigen sie sie als mutige, entschlossene und freie Frau.
Autorin/Autor: Jochen Kürten (bb)
Dutzende Male ist die Geschichte um Elisabeth, „Sissi“ oder Sisi, wie sie innerfamiliär mit Kosenamen hieß, verfilmt worden. Auch 2022 erhielt Romy Schneider wieder Konkurrenz: Netflix veröffentlichte weltweit die Serie „Die Kaiserin“ über Elisabeth von Österreich, die auf einer gleichnamigen Romanreihe basiert. Im Jahr zuvor hatte schon der deutsche Privatsender RTL mit seiner Serie „Sisi“ vorgelegt, eine zweite Staffel gibt es auch. Und ein weiterer Film kam hinzu, „Corsage“ der Regisseurin Maria Kreutzer, in der Vicky Krieps eine alternde Kaiserin Elisabeth spielt. Dafür wurde sie 2022 mit dem Europäischen Filmpreis ausgezeichnet.
Die Luxemburger Schauspielern Vicky Krieps als Kaiserin Elisabeth in „Corsage“ (2022)
Während die Serien sich dem Liebesleben der jungen Kaiserin widmen, beschäftigt sich „Corsage“ damit, wie schwierig es für Elisabeth gewesen sein muss, sich dem engstirnigen Leben am kaiserlichen Hof zu unterwerfen, das ihr kaum Freiheiten oder politische Einflussnahme erlaubte. Sisi wurde für ihre Schönheit geschätzt, also machte sie es sich zur Aufgabe, schön zu bleiben.
Elisabeth als #thatgirl
Jeden Tag ließ sie sich zwei Stunden lang die Haare kämmen und absolvierte ein strenges Fitnessprogramm. Damit treffe sie heute einen Nerv, so die Schriftstellerin Karen Duve, die in diesem Jahr den Roman „Sisi“ über die Kaiserin veröffentlicht hat.
„Sisi hat schon vor 150 Jahren Dinge gemacht, die heute selbstverständlich sind“, erklärt Duve im DW-Interview. „Zum Beispiel, sich mit Krafttraining fit zu halten, alles dafür tun, die eigene Schönheit so lange wie möglich zu bewahren, dafür auch die eigene Gesundheit aufs Spiel zu setzen.“ Die konsequente Selbstoptimierung der Kaiserin passe zum heutigen Zeitgeist.
Sissi als #thatgirl? Unter diesem Hashtag tummeln sich 2022 in den sozialen Netzwerken schöne, junge, gesunde, sportliche Frauen, die in kurzen Videos ihre Morgen-, Sport-, Essens- oder Schlafroutinen vorstellten. Wenn man nur diesen Routinen folge, könne man genauso schön, jung, gesund, sportlich und glücklich sein wie diese Frauen, so lautet der Subtext von #thatgirl.
Die Bestseller-Autorin Karen Duve lebt in Hamburg
Die dunklen Seiten des kaiserlichen Lebens
Glücklich war die historische Elisabeth leider nicht am Habsburger Hof, so Karen Duve, die im Rahmen ihrer Recherche historische Dokumente, Tagebücher, Briefe und zeitgenössische Berichte rund um das Leben der Kaiserin studiert hat.
„Da gibt es eben auch diese andere Sisi, die ältere, die so ein bisschen enttäuscht ist von ihrem Mann und ihrem Leben“, erzählt sie der DW. „Es gibt ja sicherlich noch ein paar mehr Frauen, die von ihren Ehemännern nach einigen Jahren enttäuscht und ihnen vielleicht auch überlegen sind, und die sich in der Rolle, die ihnen zugeteilt wurde, nicht wohlfühlen. Und Sisi ist jemand, der aus dieser Rolle ausgebrochen ist.“
Im Roman „Sisi“ beschäftigt sich Duve mit der Kaiserin als Reiterin: Sie war eine der besten Sportlerinnen ihrer Zeit
Das tat sie, indem sie eine hervorragende Reiterin und Jägerin wurde. Dafür ist sie in Großbritannien und Irland bis heute bekannt, weiß Duve zu berichten, wo die Kaiserin an gefährlichen Treibjagden teilnahm. Von ihren Verpflichtungen am Hof hatte sich sie zu diesem Zeitpunkt schon so weit wie möglich verabschiedet und beschäftigte sich mit dem, was ihr guttat: Reiten, Sport, Bewegung an der frischen Luft und in der Natur. Ein achtsames Leben – schon 1870. Diplomatische Gesten, wie ein Besuch bei Königin Victoria in London, kamen ihr lästig vor, sie blieb nur eine halbe Stunde.
Die Märchenkaiserin
In dieser Hinsicht war Kaiserin Elisabeth von Österreich bereits ein sehr moderner Mensch, auch eine moderne Frau, die mit den Einschränkungen, die ihr von allen Seiten auferlegt wurde, haderte und versuchte, ihr persönliches Glück in einem sinnvollen Leben zu finden. Manchmal gelang ihr das, manchmal nicht.
Filme wie Marie Kreutzers „Corsage“ oder Karen Duves Roman „Sisi“ beschäftigten sich mit der dunkleren, moderneren Seite der so geliebten österreichischen Kaiserin. Der Film mit Romy Schneider sowie die Serien auf Netflix und RTL hingegen inszenieren die Kaiserin als Märchenfigur und widmen sich der Liebesgeschichte, den erotischen und romantischen Verwerfungen unter jungen, reichen, schönen Menschen.
Devrim Lingnau als Sissi und Philipp Froissan als romantischer Kaiser Franz Joseph in der Netflix-Serie „Die Kaiserin“
„Sisi“ sei eben eine Geschichte wie aus dem Märchen, bestätigt Karen Duve. Ein Kaiser heiratet ein Mädchen aus Liebe, sie fährt in einer goldenen Kutsche zur Kirche, die Wiener Hofburg wird ihr Zuhause. „Das ist sicherlich etwas Archetypisches, vor allem für Menschen im deutschsprachigen Raum, die mit Märchen aufgewachsen sind“, so Duve. „Und die Geschichte von Sisi, das ist das Versprechen, dass sich das Märchen doch erfüllen kann.“