Im offiziellen Statement zu Chaim Topols Tod drückte Israels Präsident Isaac Herzog der Familie sein Beileid aus und lobte Topol als “einen der herausragendsten israelischen Schauspieler”, der “Kinoleinwände mit seiner Präsenz gefüllt und den wir vor allem tief in unser Herz geschlossen haben”. Herzog nannte ihn “einen Giganten israelischer Kultur”.
Benny Gantz, Israels ehemaliger Verteidigungsminister, hob hervor, dass Topol Israelis half, sich mit ihren Wurzeln zu verbinden. “Wir lachten und weinten gleichzeitig über die tiefsten Wunden Israels”, schrieb er auf Twitter.
Er war der erste Schauspieler aus Israel, der international Karriere machte. Neben seiner Paraderolle in “Der Fiedler auf dem Dach” spielte Topol in mehr als 30 Filmen, darunter “Galileo”, “Flash Gordon” und neben Roger Moore im James-Bond-Streifen “In tödlicher Mission” von 1981.
Vom Kibbuz zu den Oscars
1935 geboren wuchs Topol als Arbeiterkind in Tel Aviv auf, sein Vater war ein in Russland geborener Gipser und seine Mutter Näherin. Seine Schauspielkarriere begann er beim israelischen Militär, wo er Teil einer Theatergruppe wurde. Hier lernte er auch seine zukünftige Frau Galia kennen. Das Paar heiratete 1965 und bekam drei Kinder.
Die Rolle im israelischen Hit-Film “Sallah Shabati” von 1964 brachte Topol den Durchbruch. Die Sozialsatire von Ephraim Kishon zeigt die Schwierigkeiten einer Familie jüdischer Migranten im Nahen Osten, die in einem “Ma’abara” leben, einem Übergangslager für Neuankömmlinge im jungen Staat Israel. “Sallah Shabati” wurde international rezipiert, eröffnete die Berlinale und war der erste israelische Film überhaupt, der für einen Oscar nominiert wurde.
Die Rolle seines Lebens
Das Musical “Der Fiedler auf dem Dach” oder auch “”Anatevka” von 1964 basiert auf den Kurzgeschichten des jiddischsprachigen Schriftstellers Sholem Alejchem (mit dem Titel “Tevje, der Milchmann”) von 1916. Der Originaltitel bezieht sich auf die Bildkomposition “Der Geiger” des französischen Malers Marc Chagall. Tevje wurde von Topol gespielt, ein braver Milchmann im fiktiven Schtetl Anatevka. Das Musical entführte das amerikanische Publikum ins jüdische Leben in Osteuropa bzw. im russischen Reich – und wurde ein Überraschungserfolg. Tevje ist ein gläubiger Mann, der die kulturellen Traditionen seiner Familie in Zeiten von Umbrüchen und Veränderungen hoch hält.
Nach großen Erfolgen in den USA wurde das Musical ab 1966 in Europa aufgeführt und auch dort ein großer Erfolg. Nach Jahren als Tevje auf der Bühne übernahm Topol 1971 auch die Hauptrolle im gleichnamigen Film von Norman Jewison. Weil er selbst von russischstämmigen Migranten abstammte, fühlte sich Topol mit der Rolle sehr verbunden. Er spielte den Tevje über 3500-mal – zuletzt 2009.
Bekannt und bescheiden
Neben seiner Arbeit als Schauspieler engagierte sich Topol intensiv für gute Zwecke, er war unter anderem Vorsitzender des “Jordan River Village”, eines kostenlosen Camps für Kinder mit Behinderung und schweren Erkrankungen im Nahen Osten. Gegenüber der Nachrichtenagentur AP betonte er, dass die karitative Arbeit für ihn oft erfüllender sei, als von einer Rolle zur nächsten zu wechseln. 2015 wurde Topol Israels wichtigste Auszeichnung verliehen, der “Israel Prize for lifetime achievement”. Damals war er bereits an Alzheimer erkrankt.
Obwohl Topol international bekannt war, blieb er demütig. “Manchmal bin ich überrascht, wenn ich nach China komme oder wenn ich nach Tokio komme oder wenn ich nach Frankreich komme oder wenn ich wohin auch immer komme und der Beamte bei der Einreise sagt ‘Topol, Topol, bist du Topol?'”, sagte er 2015 der Nachrichtenagentur AP. Für ihn war klar: “Ich bin nicht in Hollywood großgeworden, sondern in einem Kibbuz.”
Dieser Artikel wurde aus dem Englischen übersetzt.