Die ersten Sekunden der 95. Oscar-Verleihung starteten typisch amerikanisch: Zwei F-18 Jets flogen mit einem lauten Knall über das Dolby Theatre in Los Angeles – wohl als Referenz an den Blockbuster “Top Gun: Maverick” mit Tom Cruise. Moderator Jimmy Kimmel landete per Fallschirm auf der Bühne und lieferte familienfreundliche Witze zum Auftakt einer sehr mittelmäßigen Show, die insgesamt 56,8 Millionen US-Dollar gekostet haben soll. Zunächst wurden die Ältesten der Filmbranche begrüßt: Mit 91 Jahren ist John Williams ein bekannter Gast. Er ist zum 53. mal nominiert worden. Star-Regisseur Steven Spielberg erhält seit mittlerweile 45 Jahren Oscar-Nominierungen. Beide aber gingen am Ende leer aus.
Gewinner des Abends: “Everything Everywhere All at Once”
Mit elf Nominierungen und sieben Oscars konnte das Regie-Duo bestehend aus Daniel Kwan und Daniel Scheinert beweisen, dass originelle Filme wie “Everything Everywhere All at Once” einen Nerv bei der Academy treffen.
Filmszene aus “Everything Everywehre All At Once” mit Jamie Lee Curtis und Michelle Yeoh – beide wurden mit einem Oscar ausgezeichnet
Michelle Yeoh hatte vor 23 Jahren ihren internationalen Durchbruch mit “Tiger & Dragon”. Nun hat sie sich gegen Größen wie Cate Blanchett durchgesetzt und durfte den wohlverdienten Oscar als beste Schauspielerin für die Hauptrolle in “Everything Everywhere All at Once” entgegennehmen.
Auszeichnungen für deutsche Produktion “Im Westen nichts Neues”
Regisseur Edward Berger erhielt die goldene Statue für den besten internationalen Film. Der britische Kameramann James Friend gewann den Oscar für den deutschen Antikriegsfilm. Christian M. Goldbeck und Ernestine Hipper wurden für das Szenenbild ausgezeichnet. Drei Töne von Volker Bertelmann, geboren in Kreuztal, für den Soundtrack zu “Im Westen nichts Neues” konnten sich gegen Komponisten-Legende John Williams, Carter Burwell und Justin Hurwitz behaupten.
Erfolg für indischen Film
Der energiegeladene indische Song “Naatu Naatu” aus dem Film “RRR” gewann den Oscar für den “Besten Song”. Die Filmemacherinnen Kartiki Gonsalves und Guneet Monga gewannen für ihre Kurz-Dokumentation “The Elephant Whisperers” einen weiteren Oscar für ihr Heimatland Indien.
Als einzige wirklich große Überraschung wurde Brendan Fraser für seine 272 Kilogramm schwere Rolle in “The Whale” als bester Schauspieler ausgezeichnet. Sichtlich gerührt nahm er die Auszeichnung an.
Ke Huy Quan: “Das ist der amerikanische Traum”
Internationaler hätte dieser Abend nicht sein können. Guillermo del Toro, geboren in Mexiko, hat einen Oscar für seinen Animationsfilm “Guillermo del Toros Pinocchio” erhalten. Ke Huy Quan, der in Vietnam geboren wurde und als Kind nach Amerika emigrierte, nahm einen Oscar für seine Nebenrolle in “Everything Everywhere All at Once” unter Tränen entgegen. Seine Reise habe auf einem Boot begonnen und ihn nun irgendwie auf die größte Bühne Hollywoods gebracht, sagte er in seiner Dankesrede. “Ich kann nicht glauben, dass mir das passiert. Das ist der amerikanische Traum.” Dass Jamie Lee Curtis mit ihrer Nebenrolle für denselben Film ihren ersten Oscar erhielt, war im Vergleich mehr als unspektakulär.
So richtig politisch wurde es nur einmal im Dolby Theatre. Der kanadische Regisseur Daniel Roher, der für seinen Film “Nawalny” den Preis für die “Beste Dokumentation” erhielt, war der einzige, der auf der Bühne den Krieg gegen die Ukraine thematisierte. Er bezeichnete Wladimir Putin als verrückt.
Musikperformances: Fröhlich und emotional
Lady Gaga präsentierte “Hold My Hand” aus “Top Gun: Maverick”. Sie zeigte sich ungeschminkt, verletzlich und schwach. Die Sängerin leidet seit fünf Jahren an multipler Sklerose. Es war ein mehr als emotionaler Auftritt, der eine unangenehme Stimmung im Saal hinterließ.
Die Choreographie von “Naatu Naatu” von Deepika Padukone wirkte da fast schon ungewohnt fröhlich. Und dass Rihanna innerhalb eines Jahres die zwei größten Bühnen des Showgeschäfts dominierte, und das während ihrer zweiten Schwangerschaft, sorgte nach ihrem Auftritt zu “Lift Me Up” für Standing Ovations.